Die Höchste Eisenbahn

Schau in den Lauf Hase Tour

Die Höchste Eisenbahn ist anstrengend. Sie beantwortet Mails nach Zufalls­prinzip, sie löscht ihre Aufnahmen aus Versehen, sie braucht länger, als man aus­gemacht hat und sie kommt immer zu spät. Das Album auch. „Schau in den Lauf Hase“ erscheint ein ganzes Jahr später als alle noch bei der Ver­öffent­lichung der „Unzufrieden“-EP im vergangenen Jahr dachten. Jetzt schleppen Francesco Wilking (Tele), Moritz Krämer, Felix Weigt (u.a. Kid Kopphausen, Spaceman Spiff) und Max Schröder (u.a. Max Schröder & Das Love, Der Hund Marie, Tomte) eine Platte an, die offen­sichtlich einen an der Waffel hat.

Auf “Schau in den Lauf Hase” feiern sich Saxophon und DX7 (Toto, Chris de Burgh, Talking Heads), dazwischen massenhaft klingelnde (Chorus-) Gitarren, Disco­beats und Casio-Flöten. Die Platte erinnert an „La Boum“ und an rot-grün-geleuchtete Nacht­szenen mit jungen Pärchen auf Mopeds. Man vergisst fast, dass mit Krämer und Wilking zwei klassische Singer/Songwriter an gemeinsamen Songs kritzeln, wären da nicht noch die Texte, die episch Geschichten erzählen von Wahr­haftem und die niemals im Refrain auf hohlen Phrasen rumkauen.

Ob es nun bei „Aliens“ um einen verpennten Typen geht, der an einem Vor­mittag auf dem Weg zum Späti einer Horde Außerirdischer mittels Handy-Videos erklären muss, warum außer ihm plötzlich kein Mensch mehr auf der Erde aufzufinden ist oder ob bei „Egal wohin“ der ganze Brass gegen die kumpeligen Fressen aus der Lebens­versicherungs- Werbung raus darf – die vielen Geschichten aus verschiedenen Federn verschmelzen am Ende zu einer bunten Collage. Krämers Welt, Wilkings Welt und die Wilking-Krämer-Welt klingen nach einem gemeinsamen Guss. Viel Liebes-Schmonzette! Viel Dagegen – auch gegen das Dagegen!

Als sich die beiden Berliner Musiker damals (also vorletztes Jahr) fanden, barg ihre Musik noch zerbrechlich-traum­schöne Kohleofen- Romantik mit zwei Gitarren, Mund­harmonika und befreundeten Gästen wie Judith Holofernes und Gisbert zu Knyphausen. In den Songs war Armut und darin Größe. Heute ist man beim poppig-beschwingten Eisen­bahn-Style angekommen, was sicherlich auch enorm mit dem typisch-trockenen Beat­gerüst von Max Schröder und den schier unerschöpf­lichen musikalischen Fähigkeiten von Multi-Instumentalist Felix Weigt zu tun hat.

Was von „Schau in den Lauf Hase“ am Ende bleiben wird? Vielleicht die Erkenntnis, dass vier Herren auszogen, um Sophie Marceau zu finden und am Ende mit etwas viel Schönerem wieder­kehrten. Das macht Mut und warm ums Herz. Da darf man dann auch mal anstrengend sein. Hallo, das ist die höchste Eisen­bahn!